4 Jahre in Kanada – Teil 3: „Rap“ Hockey?!?

Update 16.7: Hier findet Ihr den vierten und letzten Teil der Geschichte!

Im Frühjahr 2015, als sich Tara’s erste Hockeysaison dem Ende entgegen neigte, kam das Thema „Rap“ Hockey ernsthaft auf uns zu. Zusätzlich zur vereinsinternen „House League“ und dem „Development Stream“ gibt es nämlich pro Altersklasse 2 (für 7 und 8-jährige) und 4 (für 9+) „representational“ Teams in AA, A, BB und B Abstufungen. In dieser Klasse wird in sogenannten „Loops“, einer Gruppe von ca. 8 Städten im näheren Umfeld, eine Meisterschaft ausgespielt – wie in der großen NHL erst in der regulären Saison, dann in Playoffs und schließlich in den Provinzmeisterschaften von Ontario.

S3 thou shalt not pass

Aber für „rep“ Hockey kann man sich nicht einfach anmelden. Stattdessen gibt es sogenannte „Try-Outs“ in denen interessierte Mädchen zeigen müssen was sie können. In Tara’s Fall waren das für 2 Teams ca. 60 Mädchen im Alter von 7-8 die zum ersten Termin erschienen sind. Abends wird dann im Internet anonymisiert (jedes Mädchen hat eine ID) kommuniziert wer zum Termin am nächsten Tag eingeladen wird. So geht das im Zweifel über 2 Wochen jeden Abend und wer Pech hat kommt trotzdem nicht in ein Team. Wer das heftig findet: bei den 6-jährigen Jungs sind es dieses Jahr bei Tara’s Bruder über 250 Kinder für 3 Teams gewesen und die Kinder mussten jeden Abend in der Eishalle warten bis die Nummern der Jungs ausgehängt wurden die am nächsten Tag wiederkommen durften, der Rest zog schluchzend ab…

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Tara hat die Try-Outs als Goalie gemacht und kam ins Team! Auf die Frage was sie tun könnte um sich auf die Saison vorzubereiten war die Antwort schnell gefunden: Spring 3on3! Wer in Kanada nach der Saison die Nase noch nicht voll hat kann im Frühling („spring“) und Sommer 3on3 spielen. Das ist eine separate Liga außerhalb der Vereine in denen statt 5 gegen 5 eben 3 gegen 3 gespielt wird. Da das auf Eis im NHL-Format stattfindet sehen die Feldspieler es vor allem als Gelegenheit zu viel Lauftraining. Für die Goalies sieht das anders aus, da es kaum Verteidigung gibt sah Tara im Schnitt 50-70x pro Spiel den Puck auf sie zufliegen und kam grinsend und total verschwitzt vom Eis.

S3 Nottawasaga.jpg

Im August begann dann die Saisonvorbereitung des Teams mit einem Camp in Nottawasaga – einem Hotel mit zwei eigenen Eisflächen. Hier geht es neben dem Eis- und „off-ice“-Training aber vor allem darum aus 17 Mädchen ein Team zu machen. Es wird gegrillt, geschwommen und auf dem Gang und den Zimmern Blödsinn gemacht. Am liebsten spielten die Girls „Mini Sticks“ – also Miniatur-Hockey auf dem Hotelgang…

S3 silver etobicoke

Die meisten „Rep“ Teams in dieser Altersstufe trainieren ab September 3x pro Woche (zwei Teamtrainings, ein Lauftraining – „power skating“ für Feldspieler bzw. ein Torwarttraining mit einem speziellen Goaliecoach) und spielen jeweils ein Heim- und ein Auswärtsspiel pro Wochenende bis im März die Playoffs beginnen.  Dazu kommen 4 bis 6 dreitägige Turniere – für Hockey wird man selbstverständlich von der Schule freigestellt – das erste der Saison ist für Oakville Hornets das „Harvest Classic“ Heimturnier. In 2017 sind für dieses Turnier 204 Teams – also etwa 3.500 Mädels – aus Kanada und den USA angemeldet. Es wird in 5 Alters- und 2-4 Leistungsklassen ausgespielt und war im Juni bereits ausverkauft.

Screen Shot 2017-06-11 at 06.38.32Tara’s Goaliecoach Christina Kessler spielt selbst professionell Hockey für die Toronto Furies und so hatte Tara die Gelegenheit sie öfter mit anderen Team Canada Stars wie Natalie Spooner auf dem Eis der MasterCard Arena – Trainingshalle der Toronto Maple Leafs – zu sehen. Im Frühling 2016 fanden dann die IIHF U18 Women’s World Championships in St. Catherine’s statt und Tara durfte dort jedes Spiel von Team Canada anschauen. Zum Halbfinalspiel kam ihre ganze Mannschaft und wurde von der IIHF getweetet! In diesem Jahrgang waren 3 junge Frauen aus Tara’s Verein für Team Canada auf dem Eis und gewannen Silber gegen die USA.

S3 U18WWC

Wer Lust hat kann hier in Teil 4 – dem letzten Teil dieser Geschichte – noch mehr von Tara’s Hockeyerlebnissen in Kanada lesen!

9 Gedanken zu „4 Jahre in Kanada – Teil 3: „Rap“ Hockey?!?

  1. Pingback: 4 Jahre in Kanada – Teil 2: Die NHL! | GirlsEishockey.de e.V.

  2. Mich wundert, dass in Kanada die Kleinen auf dem Großfeld spielen. Der IIHF und der DEB bevorzugen das Kleinfeld und 4 vs. 4. Es gibt sogar Überlegungen auch die U12 wieder Kleinfeld, also quer, spielen zu lassen.

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    • Auch Hockey Canada empfiehlt seit einiger Zeit das Kleinfeld (Quer, bzw. halbes NHL Feld) für das Initiation Program (IP, https://www.hockeycanada.ca/en-ca/Hockey-Programs/Coaching/Initiation/Cross-Ice-Hockey). Ab der kommenden Saison wird es verpflichtend für IP, also U6.

      Die Kanadier denen ich begegnet bin lieben das Kleinfeld nicht und als das IP Program bei den Jungs mit dem Kleinfeld vor zwei Jahren in Oakville eingeführt wurde waren die Kommentare sehr negativ und der Fokus ausschliesslich auf „Geldschneiderei“, weil mehr Kinder gleichzeitig auf dem Eis sind. Zitat von Hockey Canada: „The benefits of cross-ice/half-ice hockey go beyond player development; the special boards and bumpers allow minor hockey associations to alleviate pressure around scheduling and ice-time availability“.

      Persönlich denke ich, dass Kleinfeld im Training für die Feldspieler / Anfänger Sinn macht. Viele Drills der „Rep“ Teams (und NHL) finden in sehr kleinen, engen Flächen statt und das Video von USA Hockey spricht eine deutliche Sprache: https://www.youtube.com/watch?v=cXhxNq59pWg

      Aber: Die guten Spieler und „Rep“-Material spielen schon mit 6 und 7 auf Positionen an der Blue Line, nutzen die Boards, wechseln „on the fly“ und machen drei Pässe über das ganze Feld – da war das Kleinfeld im Vergleich nur „Schwarmhockey“. Ganz tragisch finde ich nach dem ersten Jahr auf dem Eis für die Goalies die kleinen Tore ohne „Crease“ und Befestigung auf dem Eis. Wie soll man da die Grundlagen der Position lernen?!?

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  3. Die Positionen sollen hier nicht so früh gelernt und schon gar nicht festgelegt werden. Man schielt da sehr auf den Fußball, der sein Ausbildungskonzept bei den ganz Kleinen auch sehr verändert hat.

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      • Also so wie ich unsere Trainer verstehe, beginnen sie mit Positionstraining, wenn es aufs Großfeld geht. Das war hier ab 10 Jahren. Nun sind die Altersklassen wieder neu sortiert, mal sehen, ob sich das auswirkt. Auf dem Kleinfeld wird manchmal mit 2 Stürmern und 2 Verteidigern gespielt, oder die Variante: Mittelstürmer, 2 Seitenstürmer (wie heißen die Positionen) und ein Verteidiger, aber eigentlich nach dem Prinzip „allle greifen an, alle verteidigen“.
        Die verfügbaren Eisflächen sind hier aber wirklich der limitierende Faktor. In Sachsen haben wir vielleicht 10 Eishallen.

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      • 4 gegen 4 macht Sinn, dann wird es zumindest nicht ganz so voll wie bei 5on5. 😉 Hier heißen die Positionen „left wing“ und „right wing“, die deutschen Bezeichnungen müssen wir noch alle lernen.

        Das Thema der Eisflächen ist sicher ein zusätzlicher Vorteil des Querfelds, sollte aber m.E. nicht im Vordergrund stehen. In Kanada sind wir da sicher verwöhnt, aber auch hier gab es Zeiten wo das Team unseres Sohns (6/7jährige) unter der Woche um 6 Uhr morgens aufs Eis musste, weil nichts anderes verfügbar war.

        Da wäre es doch interessant zu wissen, was Eishallen nach DEB Modell (http://www.deb-online.de/wp-content/uploads/2015/03/Eisfl%C3%A4chen-f%C3%BCr-Deutschland.pdf) kosten würden…

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    • Ich habe die BAM Sports GmbH angeschrieben und gefragt, ob man nach dem Konzept realisierte Eisflächen irgendwo besichtigen kann und in welchem Kostenbereich sich Realisierungen der Module 1-5 bewegen. Falls was zurückkommt melde ich mich.

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